„Tag für Tag, Stunde um Stunde sitze ich vor dem Häuschen, das nun für eine längere Zeit dein Zuhause sein wird.
Die Ärzte sagen du bist zu schwach, es ist zu kritisch und ich darf dich nicht mal sanft berühren. Also sitze ich da, schaue dich an und erzähle dir wie unser Leben so ist, dass deine Schwester sehnsüchtig auf dich wartet, wie wichtig Du bist und was mir gerade so einfällt.
Irgendwann gehen mir die Worte aus und ich versuche mich an Märchen und anderen Kindergeschichten. Genau, ich versuche es. Denn in meinem Kopf herrscht absolute Stille und die Geschichten möchten mir einfach nicht mehr einfallen.“
Hallo, ich bin Lena, Mama eines Extremfrühchens. Unser Elf kam mit 640 g, viel eingelagertem Wasser und vollkommen unreif für seine SSW zur Welt. Nach 3 Monaten Intensivstation, wurde er an seinem errechneten Geburtstermin mit Atemhilfe auf die Säuglingsstation verlegt und heute, mehr als 2 Jahre später, schreibe ich dieses Worte.
Leben zwischen Bangen und Hoffen im Perinatalzentrum
Wie oft saß ich im warmen Perinatalzentrum auf einem Stuhl, vor dem Inkubator in dem unser Kind lag. Klein und zerbrechlich auf Watte gebettet, sah man fast mehr Kabel als Baby.
Der Geruch von Desinfektionsmittel in der Nase, die klingelnden Monitore im Hintergrund und das brummende Geräusch der Rüttelbeatmung; eine Atmosphäre die man nicht nachempfinden kann, wenn man es nicht selbst erlebt hat. Eltern kommen und gehen, Pflegekräfte kommen angerannt, stehen bei Kindern wie dem Elfen häufig lange Zeit daneben, bereit jederzeit einzugreifen und eigentlich hatten wir nie unsere Ruhe, oder waren unbeobachtet.
Doch daran gewöhnt man sich schnell und oft war ich auch froh darüber, nicht alleine zu sein. Denn so sehr ich dieses kleine Bündel Leben auch liebte, ohne antwortenden Gesprächspartner oder Vorlesebuch, fühlte ich mich doch immer wieder einsam und hilflos vor der Scheibe aus Plexiglas.
Einige Zeit später hatte sich sein Zustand endlich so weit stabilisiert, dass ich ihn nicht nur berühren, sondern auch regelmäßig und immer länger mit ihm kuscheln durfte.
Dieses Gefühl, wenn du dein unter 800 g leichtes Baby zum ersten mal in den Arm, oder auf die Brust gelegt bekommst, ist unbeschreiblich. Irgendwie fühlte es sich nach einem Hauch von nichts an und gleichzeitig spürte ich sein ganzes Gewicht.
Ich versuchte so still wie möglich zu sitzen, um an keinem der Kabel und Schläuche zu ziehen, oder einen Abfall zu riskieren. Doch trotz all der Vorsicht und Sorge, war ich in diesem Moment die stolzeste Person der ganzen Station. <3
Er wurde größer, schwerer und immer wacher. Nahm mehr und mehr seine Umwelt wahr und ich traute mich langsam, ihn selbst auf meiner Brust zurecht zu rücken, wenn er mal wieder nach unten gerutscht war.
Nach 5 Wochen begann er damit, seinen Kopf zu drehen und riss dabei ständig am Tubus. Ich war hin und weg davon, wie viel Kraft dieses kleine, zarte Wesen schon hatte, obwohl es ihm zu diesem Zeitpunkt wirklich schlecht ging.
Taufe und Herz-OP
Es folgte eine OP am Herzen, nach der er endlich endlich ein wenig über den Berg war und wir auch von ärztlicher Seite mit gutem Gefühl in die Zukunft blicken konnten. Angst, Zuversicht, Sorge, Hoffnung. Unsere Gefühlsachterbahn erreichte in diesen Tagen ihren Höhepunkt, weshalb wir unser Wunderkind noch vor der lebensnotwendigen Operation taufen ließen.
Mit Römer 8, 38-39 gaben wir ihm einen, gerade in dieser Situation, emotionalen Taufspruch mit auf seinen Weg.
Bis zu diesem Zeitpunkt verbrachte ich fast den ganzen Tag bei ihm und so gerne ich auch bei ihm war, mit der Zeit fehlten mir die Worte und ich wusste nichts mehr zu sagen. Ich erzählte ihm von unserem Alltag, dem Wetter, von all dem, was ich ihm unbedingt zeigen werde und ganz besonders von seiner Schwester, die ihn sehnsüchtig erwartete und plante, was sie zu Hause alles mit ihm machen würde.
Schon in der Schwangerschaft konnte es ihr nicht schnell genug gehen und nun lag ihr Bruder hinter einer Tür, durch die sie nicht gehen durfte. Ich sagte ihm, dass wir unbedingt unser Leben mit ihm verbringen möchten, er aber gehen darf, wenn sein Kampf zu hart für ihn wird.
Irgendwann versuchte ich mich an Märchen und anderen Geschichten, doch sie wollten mir einfach nicht mehr einfallen. Mein Kopf war brechend voll und doch herrschte vollkommene Leere. Auf Idee, ich könnte ihm etwas vorlesen kam ich erst gar nicht und selbst wenn… welches Buch hätte ich in einer Zeit wählen sollen, in der alles noch so ungewiss war?
Als ich das Buch „Eine Stimme für Frühchen: Vorlesegeschichten am Inkubator“ beim Versandriesen entdeckte, war mein erster Gedanke „Ach wenn es das doch nur schon zu unserer Zeit gegeben hätte…. es hätte mir so manche Stunde erleichtert…“
Mit ca. 8 Wochen wurde unser Elf isoliert und wir sahen eine Woche lang kaum einen Menschen. Natürlich schauten regelmäßig Pflegekräfte nach ihm, doch da er inzwischen zu den Großen der Station gehörte, waren zum Teil große Pausen dazwischen.
Auf der einen Seite genoss ich die plötzliche Ruhe und auf der anderen Seite, fühlte ich mich einsam. Handys sind auf Intensivstation nicht erlaubt, mein Baby konnte mir nicht antworten und überhaupt schlief der kleine Mann die meiste Zeit.
Eine Woche später stand plötzlich ein weiterer Inkubator bei uns im Zimmer. Ein weiteres Frühchen das mit dem selben Keim isoliert wurde; bis zu unserer Entlassung waren wir nun also gemeinsam in einem Zimmer und es entwickelte sich eine wundervolle, intensive Freundschaft.
Wickeln im Inkubator und das erste Stillen
Etwa 11 Wochen nach seiner Geburt, durfte ich unseren Elfen zum ersten Mal wickeln. Er lag zu diesem Zeitpunkt zwar noch im Inkubator, war aber endlich den CPAP los und so bekam ich nach dieser langen Wartezeit letztendlich die Erlaubnis dazu.
Es war etwas vollkommen anderes, als das Wickeln unserer Tochter.
A) war er deutlich kleiner und B) gab es nur diese beiden Löcher, durch die man je einen Arm schieben konnte. Doch es funktionierte und wieder war ich von Stolz erfüllt, denn auf diesen Moment wartete ich seit Wochen immer ungeduldiger.
Kurz darauf durfte ich ihn auch zum ersten Mal anlegen und wieder war es nicht mit dem Stillen unserer Tochter zu vergleichen.
Da lag er in meinem Arm, schaute mich groß und hungrig an und schien nicht zu verstehen, was ich gerade von ihm wollte. Er hatte gerade gelernt aus einer Flasche zu trinken, meine Brustwarze bekam er aber einfach nicht richtig zu fassen.
Dank Stillhütchen klappte es dann und er trank auch tatsächlich wenige ml aus meiner Brust. Überwältigend. Wirklich unglaublich überwältigend.
Umzug auf die Normalstation
Nach 3 Monaten zogen wir schließlich mit Atemhilfe auf Normalstation um und unser Zimmerpartner folgte wenige Stunden später. Nachdem ich kurz zuvor auf Intensivstation ein Buch liegen sah, kam auch ich endlich auf die Idee, dem Elfen etwas vorzulesen und so lauschte ich in den kommenden Wochen den Liedern, die A. ihrem Baby vorsang und sie hörte zu, wenn ich dem Elfen vorlas. Sein erstes Buch war somit „Der Grüffelo“ – das Buch das auf Intensivstation plötzlich in unserem Zimmer lag.
1,5 Monate später wurden wir mit Sauerstoff und Monitor entlassen, in dieser Zeit las ich ihm 2 ganze „Erwachsenen“bücher vor. Da ich das Gefühl hatte, er würde sonst etwas verpassen, las ich auch zu Hause nicht weiter, ganz egal, wie spannend die Geschichte zu diesem Zeitpunkt auch war.
Endlich nach Hause entlassen
Zu Hause angekommen, hatte auch die Sehnsucht der großen Schwester ein Ende und sie konnte ihren kleinen Bruder zum ersten Mal in ihre Arme schließen.
Die Freude in ihrem Gesicht, als wir mit dem Elfen in der Babyschale die Frühchenstation verließen und direkt auf sie zu kamen, werde ich wohl nie vergessen.
Denn obwohl sie den Elfen ab seiner 7. Lebenswoche regelmäßig durch ein Fenster sehen konnte, war es nicht annähernd befriedigend für sie.
In diesem Moment, sah sie ihn also zum ersten Mal richtig, ganz in echt und konnte ihn nach 4,5 Monaten des Wartens tatsächlich endlich berühren.
Sie wollte ihm nicht mehr von der Seite weichen, kuschelte zu Hause im Bett direkt ausgiebig mit ihm und das ganze Kind strahlte vor Glück <3
Vielen Dank liebe Lena für diesen berührenden Einblick in euren schweren, persönlichen Start zu Viert!!!
Wer mehr über das Leben mit einem Frühchen wissen möchte, kann auf Lena’s Blog „Schmetterlingsfamilie im Elfenhimmel“ weiterlesen, wie es Lena, ihrer Familie und dem kleinen Elf weiterhin erging und ergeht. Das Leben mit Sorgen und einem Frühchen enden häufig nicht mit der Entlassung, sondern begleiten die ganze Familie sehr oft noch all die weiteren Jahre, die folgen… Ich bewundere alle Mütter, die diesen Weg gegangen sind und die ihn gehen für ihre Stärke und den Mut. Mir kommen immer wieder die Tränen, wenn ich solche Artikel lese… Was seid ihr nur für starke Frauen…
Buchempfehlung: Eine Stimme für Frühchen
Bei meinem wundervollen GrünerSinn-Verlag ist ein sehr wichtiges Buch zu diesem Thema erschienen. Lena hat es bereits erwähnt, als sie das Buch entdeckt hatte und man kann aus ihrem Artikel entnehmen wie verzweifelt sie teilweise nach Worten suchte, wo dieses Buch ihr toll geholfen hätte.
Julia Schierhold-Urlichs ist mit dem Neonatologen (Neugeborenenmedizin) Dr. Florian Urlichs verheiratet (er ist übrigens mit einem Statement in meinem Buch „Vegan in anderen Umständen“ vertreten) und ist selbst Mutter von Zwillingen, die als späte Frühgeburten in der 35. SSW zur Welt kamen. Durch viele Gespräche mit ihrem Mann und seinem unermüdlichen Einsatz am Inkubator, wurde sie zu diesem Vorlesebuch inspiriert.
Die Geschichten sind einfach ganz wunderbar, genau auf das Leben von Frühchen abgestimmt. Sie werden direkt angesprochen, die Situation toll verpackt. Außerdem gibt es einige Erfahrungsberichte von Frühchen-Eltern. Es ist wahrlich ein ganz tolles Mutmachbuch, ein Buch, das mehr als überfällig war.
Ich konnte meinem Verlag gleich zwei Exemplare „abschnacken“ (wie man in Hamburg so schön sagt) und darf eines davon hier für euch verlosen.
VERLOSUNG
Ich verlose ein tolles Paket mit dem Buch „Eine Stimme für Frühchen“, einem ProVeg Magazin (Familienspezial – ich bin auch drin), einigen Produktproben von Miigan aus texturiertem Erbsenprotein (so wie das aus Soja – nur eben aus Erbsen), 3x Nature Tom verschiedene Sorten Fruchtriegel (Produkttest bald hier online), bzw. Bällchen, Leseprobe Green Love von Lea Green und einem kleinen Tütchen Naschis (natürlich auch vegan).
Was musst du tun, um zu gewinnen?
Hinterlasse mir bis 31. Oktober 12 Uhr hier einen Kommentar und sage mir warum du dieses Buch brauchst oder welche Erfahrung du selbst oder im Bekanntenkreis mit Frühchen hast. Ich freu mich drauf <3
Unterstütze mich auf Steady
Wenn auch du Unterstützer meines Magazins und meines Food-Blogs werden möchtest, freue ich mich riesig, wenn du mal auf Stead vorbeischaust. Dort kannst du deine passende Mitgliedschaft wählen und Teil meiner Community werden. Dich erwarten Rabatte auf Coachingstunden, kostenfreie Poster mit dem Ernährungsgüterzug, kostenfreie Communityletter mit knackigen, aber wichtigen Dos & Don’ts zur veganen Familienernährung… Vielen Dank von Herzen für deine Unterstützung.
Sobald sich genügend Unterstützer eingefunden haben, werde ich zusätzlich monatlich kostenfreie Fragerunden für alle Communitymitglieder anbieten.
Alles Liebe
Deine Carmen
Unglaubliche Geschichte und unserer so ähnlich. Wie Dankbar wäre auch ich über so ein Buch gewesen. Stattdessen habe ich das gerufen was da war, Grimms Märchen, mir war gar nicht mehr bewusst, wue grausam die sind. Mein Held kam mit 330 gramm und 26 cm auf die Welt. Herz OP mit 500 gramm, MRGN 3, Leistenhernie, mit Monitor und Sauerstoff nach Hause.
Wir würden uns wirklich sehr über das Buch freuen
Hallo liebe Beatrice, herzlichen Glückwunsch. Mein Sohn hat deinen Namen gezogen. Bitte sende mir deine Adresse, damit das Päckchen auf Reisen gehen kann <3, alles Liebe für Dich und sorry an alle, die nicht gewonnen haben. Eure Chancen waren sehr hoch, da nur wenige teilgenommen hatten… Dennoch konnte es am Ende nur einer werden…
Mein Sohn Elvis kam am 09.04.14 in der 27 +3 mit 870 große und 34 cm zur Welt. Es war eine harte Zeit wie bei jeder anderen frühchenmama auch.
Ich gründete kurz nach Elvis seiner Geburt die Gruppe Engel auf erden ( frühchengruppe) da ich mich oft allein fühlte und keiner meine Sorgen verstehen konnte. Mittlerweile sind über 1300 frühchen in meiner Gruppe was mich sehr stolz macht denn dort ist niemand allein ….
Liebe Carmen, unsere Drillinge kamen bei 31+4 zur Welt und werden nächste Woche ein Jahr alt. Wir haben in Köln Holweide entbunden und unsere Jungs konnten nach einer Woche die Station D1 verlassen und wurden auf die Frühgeborenen-Station verlegt. Ich möchte dieses Buch für die Station D1 gewinnen. Für all die Mamis und Papis, die genau in dieser Situation gerade sind…
Hallo liebe Britta, leider hat es mit dem Gewinn nicht geklappt. Aber soweit ich weiß wird das Buch auch Frühchenstationen zur Verfügung gestellt. Frage doch einmal bitte direkt beim Verlag nach. http://www.veganverlag.de – Ansprechpartnerin ist Karolina Kelc… Alles Liebe, Carmen
Liebe Carmen,
vielen Dank für den Kontakt.